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Ich über mich | Olympia 1972 |
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Texte |
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Wir hatten zwei Tanten. Eigentlich hatten wir mehr,
aber Tante Helene und Tante Berta hießen einfach "die Tanten".
In Wirklichkeit waren sie Schwestern meiner Oma Frieda, also
Großtanten, aber natürlich sagte keiner: "Heute kommen
die Großtanten", sondern es hieß einfach: "Die Tanten
kommen."
Tante Berta brachte immer Gutes mit, Tante
Helene
spielte dafür Klavier - zusammen mit meiner Oma, d.h. meistens
spielte mein Oma Klavier und Tante Helene sang
dazu - mit raumfüllender Stimme.
"Wo singt die?" fragte unser Nachbar Hans
Schwaiger
draußen auf dem Flur. "Bei uns im Wohnzimmer", antwortete
ich wahrheitsgemäß, ohne zu erahnen,
dass der Nachbar wissen wollte, an welchem Opernhaus die Tante
normalerweise
sang - so beeindruckt war er...
Tante Helene und Tante Berta gab es normalerweise
nur im Doppelpack, und Tante Berta brachte immer irgendwelche
Süßigkeiten mit - ab und zu haben
wir damit "Puff" gespielt. Das ist natürlich überhaupt keine
Schweinerei, sondern
ein altes deutsches Spiel, das fast vergessen
war, ehe es als "Backgammon" über Amerika zurückkam und auf
einmal
wieder populär war. Eine typische deutsche
Demutsgebärde gegenüber dem großen transatlantischen
Bruder
- als
heimisches Produkt war es verfemt, altmodisch,
provinziell - mit englischem Namen und scheinbar amerikanischer
Herkunft war es auf einmal aktuell, jugendlich,
modern... Statt der Spielsteine verwendeten wir beim "Puff"-Spiel mit
Tante Berta die eben erwähnten Bonbons -
"Zuckerlen" sagte man in Tirol dazu, aber deshalb schmeckten sie auch
nicht anders...
Der Herr Reichsminister für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung hat Sie mit dem Erlasse vom 16. Dezember 1941 E III f Thaler e/41 (b) mit Wirkung vom 1. Jänner 1942 ab in die freie Planstelle einer Oberstudienrätin an der Oberschule für Mädchen in Salzburg eingewiesen. In Ihrem Besoldungsdienstalter tritt keine Änderung ein. |
Abgesehen davon, dass der Dr. Scharinger den Unterschied
zwischen "der
Gehalt" und "das Gehalt" offenbar nicht kannte (oder war's doch eine
österreichische
Variante der deutschen Sprache? Aber so etwas im "Großdeutschen
Reich", wo's doch gar kein Österreich
mehr gab, sondern nur noch die "Ostmark" - nicht mit der Währung
der
ehemaligen DDR zu verwechseln... ?) - abgesehen also von diesem
sprachlichen
Fehlgriff war der eigentliche Skandal eine schlichte Feststellung, so
unwichtig,
dass man sie in Klammern setzen konnte:
"Grundgehalt (für weibl. Lehrkräfte um 10% gekürzt)" - Kommentar überflüssig, aber was hätte wohl Alice Schwarzer damals dazu gesagt? |