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Das Schweizer Parlament vom 17.4.2002 
http://www.parlament.ch/afs/data/d/gesch/2002/d%5Fgesch%5F20023193.htm 

02.3193 - Postulat 
Schutz der Landessprachen gegen Anglizismen 

Eingereicht von Schwaab Jean-Jacques 
Einreichungsdatum 17.04.2002 
Eingereicht im Nationalrat 
Stand der Beratung: Im Plenum noch nicht behandelt 

Eingereichter Text: 

Ich ersuche den Bundesrat, die Massnahmen zu ergreifen, die notwendig sind, um die missbräuchliche Verwendung von Anglizismen oder Amerikanismen in den Texten zu vermeiden, die in der Bundesverwaltung und in den Unternehmungen des Bundes in den Landessprachen verfasst werden. 

Begründung: 

Niemand bestreitet heute, dass die Förderung der Mehrsprachigkeit und das Erlernen einer, zweier oder gar der drei anderen Landessprachen für den nationalen Zusammenhalt unabdingbar sind. Angesichts der wachsenden Bedeutung des Englischen als Sprache der internationalen Kommunikation ist es aber notwendig, auch diese Sprache zu erlernen. Alle sind sich darin einig, dass es für das heutige Bildungswesen eine der Herausforderungen ist, diese beiden Forderungen unter einen Hut zu 
bringen. 

Das Problem ist um so schwieriger zu lösen, als das Englische bei den Jungen im ganzen Land heute viel populärer ist als die anderen Landessprachen, und zwar als Vehikel der angloamerikanischen Kultur,als universelle Sprache der Technik, aber auch als Kommunikationsmittel, das scheinbar einfacher zu lernen und zu verwenden ist und auf das man sogar im schweizerischen Dialog zwischen 
den Sprachgemeinschaften zurückgreift. Das Englische löst also tendenziell die Landessprachen im Dialog über die Sprachgrenzen hinweg ab. 

Diese Tendenz wird leider dadurch zusätzlich verstärkt, dass immer mehr englische Ausdrücke in den Landessprachen selbst auftauchen. Diese Ausdrücke ersetzen meist einzig aus Gründen der Mode deutsche, italienische, rätoromanische oder französische Ausdrücke und verdrängen diese mit der Zeit. 

Die gegenseitige Beeinflussung von Sprachen, die nebeneinander existieren, ist sicher ein allgemeines Phänomen. Durch den gegenseitigen Austausch von Substantiven, Verben und ganzen Ausdrücken 
werden die Sprachen reicher. Solche Einflüsse sind positiv, und man darf sie nicht unter dem Vorwand bekämpfen, man wolle die Bedeutung und die Reinheit der Sprache unbedingt sicherstellen. Es geht also nicht darum, in allen deutschen, französischen oder italienischen Wörterbüchern alle Wörter englischen Ursprungs zu entfernen, auch wenn die Antwort "ok" nicht mehr aussagt als "d'accord", "einverstanden"  oder "d'accordo". 

Das "excellent week-end", das wir Welsche uns jeweils am Freitag wünschen, ist sicher nicht besser als das "bonne fin de semaine", das sich die Québecer im Bestreben, einen englischen Ausdruck zu 
vermeiden, wünschen. Die systematische Verwendung von englischen oder amerikanischen Ausdrücken trägt nichts zur Verständlichkeit geschriebener oder gesprochener Texte bei. Vielmehr verunstalten sie die Sprache, und manchmal verändern sie sogar den Sinn. Und dennoch verbreitet sich diese Praxis, die der französische Linguist René Etiemble seit langem anprangert, in der schriftlichen wie auch in der mündlichen Kommunikation immer mehr. Sie erfasst selbst die amtlichen Texte der Verwaltungen. 

So streuen die vom Bund abhängigen Unternehmungen wie die Post, die Swisscom (deren Firmenname schon englisch oder amerikanisch angehaucht ist), und die SBB (bald Swissrail?), aber auch die ETH in ihren Mitteilungen, in ihrer Werbung und selbst in ihren längeren Texten immer mehr englische Ausdrücke ein. Diese sind nicht selten schlecht gewählt oder für wirklich Englischsprachige gar unverständlich. 

So liest man auf der in den drei Amtssprachen und in Englisch abgefassten Homepage der SBB in allen vier Versionen nur die Ausdrücke "newsletters", "games" und "open access". Der Generaldirektor der Post und auch derjenige der Swisscom nennen sich, wie die Generaldirektoren der Grossbanken, "CEO (Chief Executive Officer)" eine Abkürzung, die vermeintlich viel Sexappeal zeigt. Bei der Swisscom nennt sich der Chef der Finanzabteilung "Team Leader Credit Management" und der Leiter der Rechtsabteilung "Team Leader Legal Collection". 

Auch die Bundesverwaltung selbst erstellt nicht mehr Zusammenfassungen oder Übersichten, sondern "executive summaries" (so beispielsweise das BFF, "Ausschaffungspraxis, 2. Bericht der Abteilung 
Vollzugsunterstützung", Sept. 2001) 

Es gäbe noch zahlreiche Beispiele für die Tendenz, unsere Landessprachen, die unser kultureller Reichtum sind, zu verunstalten. Diese Tendenz kann nur deren Verdrängung durch eine verarmte Form von Sprache fördern, welche auf einem angloamerikanischen Idiom basiert, das seinerseits jegliche 
Farbe verloren hat. Gewiss kann man solche Praktiken nicht mit einem autoritären Federstrich unterbinden. Doch der Bund sollte seine Vorbildfunktion wahrnehmen und die von ihm abhängigen Unternehmungen dazu anhalten, wo immer möglich das heisst, sooft ein Wort aus einer Fremdsprache für das Verständnis des ausgedrückten Sachverhalts nicht unbedingt nötig ist Wörter aus der eigenen Sprache zu verwenden. 

In Kanada ist der Druck des Englischen noch viel ausgeprägter als in Europa. Deshalb haben die Kanadier nicht gezögert, eine Charta für die französische Sprache zu verabschieden. Diese zeigt Wirkung. Sie hat nicht nur dazu beigetragen, den Gebrauch des Französischen in den französisch- sprachigen Gebieten Kanadas zu verstärken, sondern auch eine Art von Verunreinigung des Französischen durch englische Modeausdrücke zu verhindern. Der Bund müsste nicht so weit gehen, aber er könnte immerhin mit dem guten Beispiel vorangehen "just for fun"! 

Zuständig: Bundeskanzlei (BK) 

Mitunterzeichnende: 

Berberat Didier - Bernasconi Madeleine - Chappuis Liliane - Christen Yves - Cuche Fernand - Dormond Marlyse - Eggly Jacques-Simon - Fasel Hugo - Garbani Valérie - Genner Ruth - Hubmann Vreni - Jossen Peter - Jutzet Erwin - Menétrey-Savary Anne-Catherine - Mugny Patrice - Neirynck Jacques - Pedrina Fabio - Rennwald Jean-Claude - Rossini Stéphane - Schmied Walter - Sommaruga Simonetta (21)