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Allerdings bin ich ein Mondmann...
 Nachwort

 
30.6.86.
 

Fünf Jahre ist es jetzt her, dass Kai die Geschichte vom Feuersamalander (oder so ähnlich...) erzählt hat.

Viele Geschichten hat er seitdem gelesen, gesehen, gehört, erlebt und weiter erzählt. Viele Geschichten hat er seitdem auch selbst geschrieben, viele Spiele erdacht, die nie gespielt worden sind, viele kluge Dinge gesagt, die wieder vergessen worden sind, viel Zärtlichkeit empfangen und dafür manche Püffe, aber noch viel mehr Zärtlichkeit verteilt. Viele Bilder hat er gemalt, viele Männchen gebastelt, viele Rollen gespielt, viele Türen geknallt, viele Bücher gelesen, viele Platten gehört, Hörspiele gemacht und Fahrradfahren gelernt; unter Wasser kann er schwimmen und über Wasser strampelt er, bis er wieder unter Wasser ist, denn unter Wasser, wie gesagt... Freunde hat er gewonnen und verloren, Gewalt hat er schon an sich erfahren müssen, ist aber nicht gewalttätig geworden; manche Träne hat er vergießen müssen ob der Ungerechtigkeit und Gebrechlichkeit der Welt, hat aber immer seine Mama gehabt, die ihn im rechten Moment getröstet hat, auch wenn sie selbst einmal die Ursache der Tränen war.
Es ist bisher wohl kein unglückliches Leben gewesen, und je älter er geworden ist, desto vernünftiger sind auch seine Eltern geworden, und ein mitleidiges Verständnis bringt er mittlerweile für ihre Fehler auf.

Heute waren sie alle bei der Oma Helga, Papas Mutter, und wie so alte Leute das dann halt immer tun: sie reden von der Vergangenheit. Die Oma, daraus macht sie kein Hehl, denn damals hat sie‘s halt nicht besser gewusst, die Oma also war leider auch bei den Nazis, beim BDM, und der Opa war auch kein Widerstandskämpfer, und nach dem Krieg war das alles nicht so leicht. Heute, da gibt‘s kein Vertun, heute denkt die Oma ganz anders, aber damals war sie eben noch jung, und die Zeltlager und die Lieder am Lagerfeuer und die Freundschaft..
Oma und Papa kommen ins Erzählen, vom letzten Kriegsjahr, an das der Papa sich noch erinnern kann, von den schweren Nachkriegsjahren und dass sie damals aus ihrer Wohnung rausgeschmisser worden sind.
Kai, der bis dahin aufmerksam, aber ohne Kommentar zugehört hat, schaltet sich jetzt ein.
- Warum seid ihr denn rausgeschmissen worden?
- Ja, weißt du, erläutert die Oma, wir waren doch böse Nazis und hatten den Krieg verloren, und da sind eben die Franzosen gekommen. Die hatten den Krieg gewonnen und haben uns rausgeschmissen.
Kai sagt nichts, aber man merkt, wie es in ihm arbeitet.

Später, auf dem Heimweg, nimmt er den Papa am Arm und sagt mit aller Wärme, allem Verständnis, aller Liebe, deren er fähig ist: - Ich weiß jetzt, warum du manchmal durchdrehst: du musst eine schwere Kindheit gehabt haben - du musstest ja unter lauter Nazis leben...
 

Dem ist nichts hinzuzufügen...