Startseite
Ich über mich
Songtage 1968
Olympia 1972
Bitte auf deutsch!
Veröffentlichungen
Verweise ("Links")
Texte
Gästebuch

                 IEST 68 - JULOS BEAUCARNE


SM 95010
Stereo - auch Mono abspielbar

JULOS CHANTE JULOS
 
 
 

Julos chante Julos. Julos Beaucarne singt Julos Beaucarne, unverkennbar. Nicht Brassens oder Brel, Trenet, die Frères Jacques, Montand oder Douai. Dabei ist die musikalische und poetische Herkunft des kleinen Belgiers, seine Verwandtschaft mit den großen Alten des französischen Chansons offenbar. Sein Stil ist nicht revolutionär, und trotzdem klingt Julos neu, frisch, man horcht auf, hört zu; und ob man seine Melodien mitsummt oder nicht, man denkt über das nach, was Julos gesungen hat Und genau das will er. Tradition hier, -eigenartige Musikalität, neue poetische Bilder da - diese Spannung charakterisiert Julos, gibt seinen Liedern ihren typischen Reiz.
Wenn Julos einen Brief unterschreibt, malt er immer ein Punkt-Punkt-Komma- Strich-Mondgesicht in das O seines Namens, was vermuten läßt, er sei ein Spaßvogel. Doch dieser Eindruck stimmt nur zum Teil. Seine komischen Lieder

 - Ursula, Gertrude, Le cheval de corbillard z.B. - leben vor einem Hintergrund aus Trauer und Freude, Enttäuschung und Hoffnung. Julos ist kein Spaßvogel — er ist ironisch: aber nicht nur bei den anderen. Seine Selbstironie, z. B. im „Chanson de quête", seine Unaufdringlichkeit, sein junges Lachen und vor allem seine Lieder zeigen, daß er eines hat: Humor. Und dadurch unterscheidet er sich angenehm
von weißzähnigen, kernseifigen, freiheitsverteidigenden „Sing Out 66“-Gruppen,
wie auch von intoleranten, moralisierenden, verbissenen Adepten des „neuen politischen Liedes“, die pfui rufen, wenn jemand auch die Liebe zum anderen ernst nimmt neben der Liebe zum Sozialismus. „Nous n‘avons plus peur de mourir“,
singt Julos im ‚Christophe Colomb“, „mais de ne plus rire nous avons peur.“ (Wir fürchten uns nicht mehr davor, zu sterben, doch wir fürchten uns, nicht mehr zu lachen).

 
 
 

Die Texte (bis auf „Souvenir vague ou les parenthèses“ von Edmond Rostand) und die Musik der Lieder auf dieser Platte stammen alle von Julos. Die, die vom Brassens oder Montand der letzten Jahre das große Orchester gewöhnt sind oder zumindest raffinierte zweite und dritte Stimmen, hören sofort, daß die Musik für Julos‘ Lieder einen anderen Stellenwert hat: Julos sagt: „Ich arbeite ohne Orchester, um dem Lied seinen spezifischen Sinn zu geben — Worte passen zu einer Melodie, Worte, die man versteht, die die Musik unterstreicht, aber nie erdrückt.“ Und dennoch:  auch wenn man kein Französisch versteht, das Musikalische, Musikantische seiner Lieder, ihre Variationsbreite vom Sprech- gesang des „Les yeux“ über gefällige, fast zu schöne Melodien wie „Tout doux“ oder „Toute dame et demoiselle“ bis zum klotzigen Marschrhythmus der Herrenrasse in „Les bourgeois“ - das alles fesselt den Hörer, vorgetragen mit einer unprätenziösen frischen Stimme, die auch bei bösartigen Liedern nie vergessen läßt, daß Julos immer für den Menschen singt: 

Diese Augen blieben vor meinen Augen / sie wollten einfach nicht verschwinden / ich sagte ihnen: „haut ab!“ / sie blieben als ob sie festgewachsen wären / Also habe ich sie verjagt / mit Stock- schlägen mit Fußtritten / damit sie umso schneller wieder da waren / sie setzten sich vor meine Augen meine Nase / Also habe ich Knoblauch geholt und Zwiebeln geschält / ich brachte sie zum Weinen / die Augen blieben aber / sie hatten Wurzeln geschlagen/ und wollten nicht verschwinden / Als ich einsah daß ich sie nicht vertreiben konnte / habe ich sie bei mir eintreten lassen / sie aßen an meinem Tisch mein Brot / sie teilten mit mir alles was ich hatte/ und vor allem das was ich nicht hatte / So wurden jene Augen meine Augen / Und meine Augen wurden jene Augen.“ (Les yeux). 

Julos wird alle die langweilen, die schon längst wissen, wie der Mensch ist und die Welt um ihn herum, die das Lied nur als tagespolitisches Instrument verstehen können, für die Orpheus auf seiner ewigen Suche nach Euridice unwichtig geworden ist, die Christoph Kolumbus auf seiner Suche nach Amerika nur als historisches Datum sehen und die nur müde lächeln können, wenn im „Christophe Colomb“ Julos davon träumt, abends voller Zärtlichkeit einzuschlafen, sich dabei
an vergangene Zeiten zu erinnern, einen alten Rausch nochmals zu kosten. Sie werden nicht verstehen, daß Julos wünscht, daß der neue Mensch das Telefon zu Gott wieder finden möge, um mit ihm sprechen zu können. Mein Gott wäre wahrscheinlich irgendwo in der Nähe von Julos‘ „Tout doux“: „Nie vergesse ich die Schöne / die Momente des Einsseins, der Wärme / der Zärtlichkeit, die uns aufblühen
ließ / als wir zusammen glückllch waren / - nur für diese Momente, Madame, lohnt es sich, geboren zu sein.“

Ingo Weihe
 


Zur Person:
o Julos Beaucarne
• geboren am 27. 6. 1936 in Ecaussinnes, Belgien
o sieht aus wie ein flämischer Bauer, schreibt und singt französische Chansons
• wurde in stetiger Entwicklung aus einem humanistischen Gymnasiasten zum Lehrer für Romanistische Philologie, dann für Sport, dann für Guitarre, dann Schüler des Pantomimen und Marceau-Schülers Gerson, dann Schauspieler und Pantomime, Komponist von Theatermusiken und zuletzt:
Julos, der liebenswerte und faszinierende Sänger des „Tout doux“.
• Lebt in der Provence, in Paris, in Brüssel
• hat Loulou zur Frau, die seine Freunde nicht nur wegen ihrer vorzüglichen Küche lieben
o und Christophe heißt sein kleiner Sohn.
• Beschäftigt sich mit Dichtern jeglicher Provenienz und schätzt besonders Apollinaire und Max Elskamp — mit einer Platte mit seinen Liedern gewann Julos 1967 den „Prix de la Chanson Poétique des Rencontres Poétiques du Mont St. Michel“, den in den vorhergehenden Jahren Hélène Martin, Anne Sylvestre und Maurice Fanon erhalten hatten.
• Will ein Aluminium-Fertighaus entwickeln, das je nach Stimmung seines Besitzers und je nach Bedarf seine Formen ändert und wie das von ihm projek- tierte Auto der Zukunft ohne Mechaniker von jedem gebaut und gewartet werden kann.
• Macht Rundfunk- und Fernsehsendungen in Belgien und Frankreich
o gibt laufend Konzerte in Ländern, wo man Französisch spricht
o gehörte zu den Stars des „2. Festival de la canzione nuove di Torino“ und des „Festival Chanson Folklore international III und IV“ auf Burg Waldeck, obwohl man nicht Französisch sprach.

Seite 1
Tout doux
Le serrurier
Souvenir vague ou les parenthèses
Les yeux
Toute dame et demoiselle
Après chacune des Chansons

Seite 2
Les bourgeois
Christophe Colomb
Conflit confiture
Y'a plus d'histoire d'amour
La rose avec l'épine
Chanson de quête