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Die Welt  vom 5.9.2001
 
 

Der Tod spricht Englisch 
Sprach Spiele 

Von Helmut Glück 

Der Bundesverband Deutscher Bestatter ist eine Vereinigung, mit  der kaum jemand etwas zu tun haben will. 
Er wirkt eher im Verborgenen. Nun hat er eine Auszeichnung bekommen, die ihn ins Licht der Öffentlichkeit 
rückt.  Er ist zum "Sprachpanscher des Jahres" gewählt worden,  weil er unsere Toten auf Englisch unter die 
Erde bringen will. Deshalb hat er das Berufsbild des "funeral master" geschaffen, kurz: "funster". 

Das  passt gut in unsere Fun - Gesellschaft. Die Fachmesse des Gewerbes heißt inzwischen "eternity". Dort 
kann man Särge ordern, die " peace box " heißen, und Urnen namens " ball of life ", auf dass jeder Friedhof 
(engl. graveyard) zu einem Bollwerk (engl. stronghold) des Zeitgeists (engl. zeitgeist) werde. 

Die deutschen Bestatter waren schon früher Gegenstand dieser Kolumne, doch haben sie unsere Mahnungen 
in den Wind geschlagen. Sie sind zu Recht zum Gespött geworden. Vielleicht spekulierten sie darauf, dass 
man sich totlacht über sie? Die Totengräber (engl. gravediggers) - von ihnen stammen die Leichenbestatter 
(engl. undertaker) ab - sind ein nützlicher, aber wenig geliebter Berufsstand. Darunter leiden sie. Dieses 
Schicksal teilen sie mit den Zahnärzten, Finanzbeamten und Inkasso-Mitarbeitern. 

Früher gehörten sie sogar zu den unehrlichen Leuten, ebenso wie die Chirurgen, die Zahnbrecher und die Lei-
neweber, und galten als versoffen (engl. boozy). Die Chirurgen und die Zahnbrecher haben die Kurve gekriegt,
verdienen viel Geld und werden in Golfclubs zugelassen, auch wenn sie saufen. Leineweber gibt es längst keine
mehr; sie haben versäumt, sich beizeiten "linnen weavers" zu nennen. Deshalb glaubten die "funsters", sie
müssten schleunigst etwas für ihr Image tun; dabei ist ihr Gewerbe doch krisensicher. 

Der Griff zum Englischen war naheliegend. Im Zeitalter der Globalisierung freuen sich die Verstorbenen, wenn 
ihr letzter Gang zum Event wird. Sie wollen in Bermudashorts, Hawaiihemd und Baseballkappe bei einem
schmissigen
Big-Band-Swing in die Grube fahren. Bei Leichenschmäusen gab es bislang Streuselkuchen und
später alkoholische Getränke. Die "funsters" werden das kalte Büfett zur "cold meat party" aufmotzen, falls sie
nicht vorher ins
Wörterbuch sehen. 

Früher war das Totenreich mehrsprachig. Man konnte den Sensenmann foppen mit den Worten: Tod, wo ist
dein Stachel, Hölle, wo ist dein Sieg? Da war Freund Hein ganz schön blamiert, und der Höllenfürst lief rot an. 
Heute kommt man in seinem letzten Stündlein mit dem Deutschen nicht mehr weit. Der Tod versteht nämlich
nur noch Englisch. Und er wird verständnislos dreinschauen und sagen: Shut up, man, come on.


 
 
 
DER SPIEGEL vom 31.8.2001 

Strafe muss sein 
Sprachpanscher für "Funeralmaster" 

Wenn Totengräber zum "Funeralmaster" werden und Särge zur 
"Peace Box", dreht sich nicht nur so manchem Sprachwissenschaftler der Magen um. 

Für die "Funeralmaster", wie der Bundesverband der Toten-
gräber seine Bestattermeister nennt, gab es am Freitag vom
Verein Deutsche Sprache
die Quittung. Der Vorsitzende des Bundesverbandes der Deutschen Bestatter, Wolfgang Zocher,
wurde mit dem Anti-Titel "Sprachpanscher 2001" geehrt. 

Zur Begründung hieß es: "Mit der Einführung des 'Funeral-
masters' hat die Denglisch-Welle in Deutschland ihren
lächerlichen Höhepunkt erreicht." Unter keinen Umständen, 

so der erste Sprachwächter des Vereins, Walter Krämer,
wolle er in solch einer "Peace Box" begraben werden. Das
habe er sogar testamentarisch festgehalten. 
In der Urkunde, die Zocher überreicht wurde, hieß es weiter,
der Verein würdige die "bemerkenswerte Fehlleistungen im
Umgang mit der deutschen Sprache" und "das würdelose
Anbiedern an den amerikanischen Kulturkreis". 

Anwärter auf den Titel waren auch der Staatsminister beim
Bundeskanzler, Hans Martin Bury, und Franz Beckenbauer.
Bury sei für eine Anzeigenserie der Bundesregierung
verantwortlich, in der es heiße "Name IT, win IT". Und
Beckenbauer, der in den vergangenen Jahren mit derb-
bayerischem Akzent fragte: "Ja is denn hoit scho Weih-
nachtn?", wirbt nun für das "free and easy christmas set". 

Preisträger waren in den vergangenen Jahren die Mode-
schöpferin Jil Sander, die in einer Rede gesagt hatte:
"Die Audience hat das alles supported." Auch Telekom-
Chef Ron Sommer
("RegioCall, GermanCall, GlobalCall")
und der damalige Bahn-Chef Johannes Ludewig ("Service
Points") 
sind bisher ausgezeichnet worden. 

Mit dem Titel "Sprachpanscher" zeichnet der Verein
Deutsche Sprache
Personen oder Firmen aus, die
"auf besonders augenfällige Weise die deutsche
Sprache und Kultur mit überflüssigen Imponier-
Anglizismen misshandelt haben". 




Offenbach-Post
vom 1.9.2001 

Kopfnote 5 für Wolfgang H. Zocher 

(psh) Wollten sie nur ihre Claims ab-
stecken, ums Image zu verbessern?
Warum konnten sie nicht mit Spots
und
auf Blow-ups die Slogans über die peace-box (sprich Sarg) transportieren? 
Egal. Wolfgang H. Zocher, der Vorsitzende
des Bundesverbandes Deutscher Bestatter,
ist just zum Sprachpanscher des Jahres
gekürt worden. 

Die Kritik der Denglisch-Gegner vom
Verein Deutsche Sprache hat gesessen: 

So sei Zocher mitverantwortlich dafür, dass
es jetzt den Ausbildungsberuf des "Funeralmasters" gibt. Ob's den chief der Totengräber juckt? Egal. Kulturkampf 

und Sprachsäuberung in Zeiten massiver Anglizismenkampagnen sind verständlich.
Doch eines noch: Hoffentlich gibt's bei den bundesdeutschen Bestattern keine Wear-out- Effekte (sprich Verschleiß). Wir brauchen sie doch. 

 



 
 

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