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DETLEV
MAHNERT/HARRY STÜRMER:
Zappa, Zoff und
Zwischentöne Die Internationalen Essener Songtage 1968.
Essen :
Klartext-Verl., 2008. - 309 S. : mit zahlr. s/w-Fotos
ISBN:
978-3-89861-936-2 - 22,90 EUR
Vor 40 Jahren, im September 1968, wurde die Ruhrpottstadt Essen von einer friedlichen Invasion heimgesucht Hippies, Gammler und Revoluzzer kamen zu Tausenden, um den Internationalen Essener Song Tagen (IEST) beizuwohnen. Da wollte ich ein „wohlerzogener“ Sechzehnjähriger aus dem Sauerland, der bis dahin nur die Beach Boys (!) live gesehen hatte nicht fehlen. Doch weder Namen wie The Mothers Of Invention oder Franz Josef Degenhardt konnten meine Eltern beein- drucken, mir eine Entschuldigung für die Schule zu schreiben. Unbeeindruckt vom kategorischen „Nein“ meiner Eltern verließ ich jedoch das Haus mit meinem Schulranzen nur um ihn bei einem Freund abzugeben und dann an der B1 mit erhobenem Daumen auf eine Mitfahrgelegenheit in die Kruppstadt zu hoffen. Die ließ
nicht lang auf sich warten. Mit weit geöffneten Ohren und Augen tauchte
ich dann für 24 Stunden ein in das „Waldeck-Festival ohne
Wald“ (Rolf-Ulrich Kaiser). Neben internationalen
Stars von Julie Driscoll bis zu den Fugs
war fast die gesamte
bundesrepublikanische Gegenkultur
vertreten von
linken Kabarettisten und Liedermachern bis zur Popkommune. Musikalisch reichte
das Spektrum von psychodelischem Rock, Freejazz und Folk bis
zu Zigeunerswing, Chanson und natürlich
dem Blues. Insofern
wird das von einem „Macher“ (Detlev Mahnert) und einem
„Besucher“ (Harry Stürmer) veröffentlichte
Buch Zappa, Zoff und Zwischentöne für mich auch zu einer sehr
persönlichen Zeitreise. Wobei positiv besetzte
Erinnerungen überwiegen. Das Buch bedient
natürlich
dieses Gefühl mit seinen Rückblenden. Aber , und darin liegt seine
Bedeutung, es stellt die Songtage mit Blick auf die politische
Weltlage und die lokale Situation in Essen in
den gesamt- gesellschaftlichen
Zusammenhang von 1968. Mahnert und Stürmer laden nicht nur zu
einer kritischen eine Einordnung des Geschehens ein. Die persönlichen
Erinnerungen vieler Beteiligter zeigen auch, welche
nachhaltige Wirkung die IEST für ihr Leben hatte. Ein
längst überfälliges Werk über ein bis dahin
sträflich vernachlässigtes Ereignis der jüngeren
deutschen Geschichte.
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WERNER
PIEPER [Hrsg.]:
Alles schien möglich ... 60 Sechziger über
die 60er Jahre und was aus ihnen wurde.
Löhrbach : Werner Pieper & The Grüne Kraft, 2008. - 250 S. : mit zahlr. s/w-Fotos. ISBN 978-3-925817-52-6 - 19,68 EUR Von Erinnerungen geprägte Einschätzungen der Sechzigerjahre und ihrer Folgen stehen auch im Mittelpunkt von Werner Piepers Sammelband. Hier kommen Unbekannte und Bekannte zu Wort. Zu letzteren gehören u. a. Hans Peter Duerr, Günter Wallraff, Peter-Paul Zahl und Günter Amendt. Wobei der unter der Überschrift „Ich will mich nicht zum Historiker meines eigenen Lebens machen“ auf zwei Seiten ausführlich darlegt, warum ihm zu den Sechzigerjahren nichts einfällt. Die Beiträge in Piepers Buch sind wie kleine Mosaiksteine, die ein buntes Bild jener wahrlich bewegten Jahre. Es sind Chroniken, Erlebnisberichte, durchdachte oder spontane Beiträge, die sich mit den damals diskutierten Fragen beschäftigen wie Drogen, Kindererziehung, Spiritualität oder mit Menschen und Ereignissen wie Rudi Dutschke und die Studentenbewegung, Rolf-Ulrich Kaiser, das Waldeck-Festival. Die Beiträge tragen dazu bei
„1968“ einzuordnen, mit seinen Fehlentwicklungen ebenso wie mit den
Ideen und Ansätzen, die ihre Spuren in der Gesellschaft der
Nach-68er hinterlassen haben vom ökologischen Bewusstsein
bis zu neuen sozialen Bewegungen.
Daniel Gäsche
beschäftigt sich mit der Rolle, die Musik vor 40 Jahren für
das politische Bewusstsein und das Lebensgefühl spielte. Er
beschäftigt sich mit dem Soundtrack der Ereignisse jener Jahre:
Studentenunruhen, Vietnamdemonstrationen, Hippie-Bewegung, Prager
Frühling, Black Power, APO …
Durch eine
musikalische Linse betrachtet der 1968 geborene Autor die Entstehung
der Jugendkulturen in den Sechzigerjahren vor allem mit Blick auf die
USA, aber auch auf die Ursachen für die 68er-Bewegung in
Deutschland.
Textanalysen, Zitate
und Interviews (u. a. mit so unterschiedlichen Gesprächspartnern
wie Heide Simonis, Gretchen-Dutschke-Klotz oder Roger Willemsen)
zeigen, welchen Einfluss der Sound der Beatles, der Rolling Stones, von
Jimi Hendrix, der Doors, von Janis Joplin, Joan Baez, Bob Dylan
oder Deep Purple
hatte. Zugleich wird die Rolle der Piratensender, des Beatclubs oder
der Bravo als „Vermittler“ der damaligen Musikkultur beleuchtet.
Gäsche fasst seine Betrachtungen so zusammen: „68 lebt!“
Angesichts dieser
Aussage von Joan Baez, zitiert nach einem Interview in der Berliner
Morgenpost vor einem Jahr, bleibt jedoch ein bitterer Nachgeschmack,
was die politische Erfolgsbilanz der 68er betrifft: „Es klingt paradox,
aber es ist wirklich so: Der beste PR-Agent, den ich jemals hatte,
heißt George W. Bush.
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